Lust auf Genuss

Warum wir täglich etwas genießen sollten

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Die Fähigkeit Genuss zu empfinden, sollten wir unbedingt beibehalten und damit unsere Gesundheit fördern.
Krankheiten entstehen aus einem Ungleichgewicht zwischen gesundheitsfördernden und krankmachenden Faktoren, wenn letztere dominieren. Um die gesundheitserhaltenen Maßnahmen zu fördern, sollten wir möglichst täglich schöne Dinge genießen.

 

Genuss steigert unser Wohlbefinden. Es bedarf hier und da an einer Portion Achtsamkeit, um die Signale unseres Körpers wahrnehmen zu können. Wir können uns jedoch darauf verlassen, dass unser Körper in der Regel ein verlässlicher Wegweiser zum Glück ist. Wenn wir etwas über unsere Sinne wahrnehmen, sorgt das nach einer positiven Bewertung, z.B. über den Duft von frischen Plätzchen, für die Ausschüttung des Neurotransmitters Acetylcholin. Dieses wiederum sorgt für die Ausschüttung von Dopamin. Wie du vielleicht weißt, ist Dopamin ein Glückshormon. Dadurch werden positive Gefühle im Belohnungssystem erzeugt, die wir als Genuss wahrnehmen.

Konsumieren wir Drogen, gelangen die Moleküle der Substanz, z.B. Ethanol, oder Nikotin über den Blutkreislauf direkt in unser Gehirn, wo sie unmittelbar und ohne Bewertung auf das Dopaminsystem einwirken und eine direkte Ausschüttung von Dopamin erzeugen. Auch hierbei empfinden wir Genuss und fühlen uns glücklich. Für den Genuss gibt es ein paar Kriterien, die allgemein gültig sind:

 

Genuss sollte alltäglich sein

Jetzt sagst du vielleicht: „Yeah! Dann kann ich ohne schlechtes Gewissen jeden Abend meinen Wein genießen!“ Das käme allerdings schon eher einer Gewohnheit, als dem Genuss gleich. Abgesehen davon, dass der Konsum von Alkohol nachweislich unserer Gesundheit schadet (ja, auch schon in minimalen Mengen!), bedeutet alltäglicher Genuss nicht die Wiederholung ein und der selben Sache. Es bedeutet, dass man etwas tut, oder etwas zu sich nimmt und es dabei mit allen Sinnen genießt.

 

Das können die Wassertropfen sein, die uns beim duschen auf den Körper fallen, oder die Musik, der wir uns in ruhiger Minute hingeben können. Genuss können wir beim Sex empfinden, einer Massage, oder einer einfachen Berührung. Man kann ein Stück Kuchen genießen, den Duft von nassem Waldboden ganz früh am Morgen, oder einfach die Stille. Genuss bedeutet seine Sinneswahrnehmungen frei zu entfalten, und bewusst wahrnehmen.

 

 

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Alkohol - Genuss, oder Sucht?

Natürlich kann man auch ein Glas Rotwein voll und ganz genießen. Das streite ich nicht ab. Doch man sollte sich bewusst machen, dass eine psychotrope Substanz, die zum vermeintlichen Wohlfühleffekt durch die Wirkung des Alkohols führt, abhängig machen kann. Und diese Wirkung ist ab einem bestimmten Stadium der Gewohnheit nicht mehr vom Genuss zu unterschieden. Da Alkohol für eine Dopamin-Ausschüttung sorgt, brauchen wir irgendwann immer mehr davon oder wir brauchen es regelmäßig, um das erwünschte Gefühl überhaupt spüren zu können.

Ich glaube – in Wahrheit war ich nie dazu in der Lage ein Glas Wein zu genießen. Denn bevor ich meine Geschmacksnerven dahingehend trainiert hatte, die unterschiedlichsten Noten herauszuschmecken, hatte ich mich schon längst an die Wirkung von Alkohol gewöhnt. Wein trank ich in erster Linie nicht deshalb so gerne, weil er mir schmeckte, sondern, weil er eine bestimmte Wirkung auf mich hatte. Aber das hätte ich mir zum damaligen Zeitpunkt selber nicht geglaubt.

Beim Genuss von meiner Tasse Kaffee erkenne ich den Unterschied mittlerweile sehr gut, ob ich nach Koffein lechze, oder wirklich einen leckeren Kaffe genießen möchte. Wobei ich auch hierbei genau weiß, dass mir der erste Kaffe nicht geschmeckt hat. Auch das habe ich mir antrainiert.

Jeder weiß, wenn er ehrlich zu sich ist, dass der erste Schluck Alkohol in seinem Leben kein Genuss war.
Wahrscheinlich haben wir als Jugendliche mit gesüßten Getränken angefangen und uns über die Jahre langsam zum teuren Rotwein „hochgearbeitet“. Ich habe es am Ende meiner Alkoholkarriere sogar geschafft die Geschmacksnoten beim Whiskey herauszuschmecken. Hurra!

Ich möchte hier gar nicht bestimmen, welche kulinarischen Mittel als Genussmittel dienen und welche nicht. Ich möchte lediglich darauf hinweisen, dass es einen fließenden Übergang vom Genuss zur Gewöhnung gibt. Und schließlich gibt es den auch von der Gewöhnung zur Abhängigkeit. Wenn du dazu in der Lage bist, ab und zu mal ein Glas Wein zu genießen, dann solltest du dir keine Sorgen machen. Du solltest nur wirklich achtsam bleiben.

Der Genuss, der zu unserer Gesundheit beiträgt, ist eine Lebenshaltung, die uns die Fähigkeit gibt, täglich Dinge genussvoll wahrzunehmen und bezieht sich nicht auf eine bestimmte Sache, die täglich wiederholt wird.

 

 

Genuss braucht Erfahrung.

Es erfordert eine differenzierte Sinneswahrnehmung, um genießen zu können. Ich verstehe das so, dass wenn ich unter Zeitdruck im Wald joggen gehe, ich meine Sinne nur erschwert, oder gar nicht darauf schule, alles Schöne um mich herum wahrnehmen zu können. Wenn ich ein Glas Mango-Saft einfach herunterkippe, ein Stück Kuchen verschlinge, dann schule ich dabei nicht meine Sinneswahrnehmung. Abhängige Menschen müssen die Fähigkeit zu genießen übrigens regelrecht neu trainieren.

 

Genuss bedeutet Maßhalten

„Allein die Dosis macht das Gift“.

Paracelsus, Schweizer Arzt 1493-1541

 

 

Nicht die Menge, sondern die Qualität ist entscheidend. Je mehr man konsumiert, desto „langweiliger“ wird ein Konsum, oder eine Tätigkeit und übersättigt uns. Aus Genuss wird dann Gewohnheit. Auch an dieser Stelle erinnere ich an einen „Weinabend“ mit einem Freund, der nicht verstehen konnte, warum ich so viel Wein trank. Man schmecke doch nach einem Glas nicht mehr wirklich etwas. Dem konnte ich zum damaligen Zeitpunkt nicht zustimmen. Aber mein Freund hatte Recht. Auch Dinge, die als gesund gelten, wirken in übermäßiger Einnahme toxisch.

 

Genuss geht nicht nebenbei

Ein Indiz dafür, dass man etwas nicht genießt, ist, wenn man nebenbei andere Dinge tut. Man ist nicht wirklich dazu in der Lage mit seinen Sinnen voll zu genießen, wenn man gleichzeitig etwas anderes macht. Man kann sein Essen nicht genießen, wenn man dabei fernsieht. Man kann das durchaus gerne tun, aber es ist kein Genuss. Man kann auch seine Morgendusche nicht wirklich genießen, wenn man schon mit seinen Gedanken bei der Tagesplanung ist. Genuss erfordert volle Aufmerksamkeit für die Sinne.

 

Genuss ist individuell

Für jeden Menschen bedeutet Genuss etwas anderes. Jeder hat seine Sinne ganz individuell geschult und weiß, was was ihm wann und wo gut tut. Deshalb sollte man ruhig für sich herumexperimentieren und wahre Genussmomente für sich finden und den dafür nötigen Raum schaffen.

 

Genuss braucht Zeit

Soviel Zeit, dass man für sein Genuss-Ritual die Zeit ruhig vergessen darf. Sich einfach in den Moment der Wahrnehmung fallen lassen. In solchen Momenten bin ich immer dankbar für dieses wunderbare Meisterwerk der Natur – meinen Körper. Dann empfinde ich pures Glück.

Mir persönlich ist das mit meinem Rotwein nie gelungen. Das habe ich aber erst mit meiner Nüchternheit verstehen können. Wein trinken hat mich nicht glücklich gemacht. Das Ritual, welches ich mir als Entspannungsritual, oder Belohnung verkaufte, hat scheinbar für einen Moment für mein Wohlgefühl gesorgt. Aber ganz ehrlich – mit dem „Genuss“ von Alkohol setzte bei mir auch eine Art Betäubung ein. Ich war gar nicht mehr dazu in der Lage, voll wahrzunehmen. Wenn ich heute genieße, kann ich mit meinen Sinnen voll wahrnehmen. Ich bin klar und präsent, ich spüre mich.

 

Genuss muss erlaubt sein

Um dieser Fähigkeit Raum geben zu können, muss man sich Genuss erlauben. Besonders Menschen, die abhängig sind, sei es vom Alkohol, oder von einer anderen Droge, haben es verlernt optimal für sich zu sorgen. Sich selbst etwas Gutes zu tun und sich wichtig zu nehmen fällt aber auch nicht süchtigen Menschen schwer.
Es gibt viele tief in uns verankerte Glaubenssätze, die für einen Genussverbot sorgen. Einige Sprichwörter erinnern daran: „Ohne Fleiß kein Preis“, „Übermut tut selten gut“, „Alles Schöne im Leben hat einen Haken: Es ist unmoralisch, illegal, oder macht dick. …“

 

Wir müssen die Fähigkeit zu Genießen erst wieder erlernen. Wir glauben in unserer leistungsorientierten Gesellschaft immer funktionieren zu müssen, weil wir sonst untergehen. Wir finden keine Zeit mehr für uns.

 

Sich zu erlauben zu genießen, bedeutet also Zeit für sich einzufordern. Sich erlauben mal zurückzutreten und seinen Sinnen Raum für Entfaltung geben. Uns nicht immer nach anderen zu richten und auch mal Nein sagen.

Die Fähigkeit, sich um sich selbst zu kümmern, verliert man in einer Abhängigkeit langsam aber sicher. Sie verkümmert regelrecht. Wenn man aufhört zu trinken, wird das deutlich spürbar. Wie geht genießen? Was soll ich genießen? (Außer Wein!?) Mein Essen schmeckt doch gar nicht ohne den passenden Wein dazu.

Aber diese Sorge kann ich jedem nehmen. Die Angst davor, mit der Abstinenz nicht mehr genießen zu können, ist nicht berechtigt. Genuss ist wieder erlernbar und wird uns mit einer Fülle an wunderbaren Erlebnissen bereichern. Nüchtern haben die Funktionen der Sinneswahrnehmungen wieder die Möglichkeit sich zu entwickeln.

Eine Substanz unter den oben genannten Aspekten zu genießen, gibt wohl wenig Anlass zur Sorge. Wobei auch hier jeder ganz individuell für sich berücksichtigen sollte, dass Alkohol ein reines Nervengift ist und schon geringer Konsum in unserem Körper Zellen zerstört.

Ich bin keine Genussexpertin. Was mein Leben angeht, übe mich jedoch darin Dinge mehr zu genießen.
Das Leben bietet uns so viele Möglichkeiten. Wenn wir achtsam mit uns umgehen, erlauben wir unserem Körper seinem natürlichen Streben nach Glück nachzukommen. Wir können das Leben besser genießen. Aber eigentlich möchte ich es etwas kleiner fassen: Wir können kleine Momente besser genießen und eine Idee davon bekommen, wieviele Herrlichkeiten das Leben für uns bereithält.

 

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