Mut zur Freiheit
Die Bedeutung von Freiheit bietet eine viel zu komplexe Diskussionsebene, um sie in einem Blog versuchen können zu erklären. Ich möchte mich über das Thema Alkohol der „Freiheit“ nähern. Für meinen Teil habe ich erfahren, dass ich mich freier fühle, seitdem ich keinen Alkohol mehr trinken muss. Ich habe für die Freiheit in meinem Leben einen großen Raum geschaffen.
Vielleicht fragst du dich jetzt, ob man nicht dann frei ist, wenn man immer und zu jeder Zeit frei entscheiden kann, ob man etwas trinkt.
Ja, das stimmt! Sich entscheiden zu können, eine Auswahl zu treffen, verschafft uns die Möglichkeit in den Genuss zu kommen, der Freiheit ein Stück mehr Raum in unserem Leben zu geben. Das bedeutet aber auch, dass man sich gegen das Glas Sekt zum Anstoßen auf die Beförderung der Arbeitskollegin entscheiden darf. Man ist frei, nein sagen zu können. Denn Freiheit bedeutet meiner Meinung nach sich für etwas zu entscheiden, welches möglichst keine, oder wenige negative Folgen für uns und andere hat. Es bedeutet dazu beitragen zu können, für unser Wohlbefinden zu sorgen. Nicht zu trinken gibt uns die Möglichkeit, uns im Alltag freier bewegen zu können, nämlich mit weniger Einschränkungen. Wir können zum Beispiel nach einer Party in ein Auto steigen, ohne uns durch die Nebenstraßen schleichen zu müssen. Wir können uns gegen das Besäufnis beim Feiern entscheiden und am nächsten Morgen keinen Kater haben müssen! (Das ist eine der besten Vorteile nüchtern zu sein!) Wenn wir uns nicht mit unseren Partnern darüber streiten müssen, wer heute Abend fährt. Wir können am Wochenende morgens um 8:00 Uhr joggen gehen, wenn wir das wollen.
Apropos wollen: Wenn wir nüchtern sind, und damit meine ich vor allem, über einen längeren Zeitraum nüchtern sind, dann können wir viel besser erkennen, was wir wollen.
Es ist einfacher klare Gedanken zu fassen und konstruktiv zu handeln, oder etwas Schönes zu schaffen. Vielleicht auch „nur“ etwas Schönes wahrzunehmen. In diesem Zustand treffen wir auch die besseren Entscheidungen, um unserer Freiheit noch ein bisschen mehr Raum geben zu können. Viele argumentieren in solchen Gesprächen, dass sie sich bewusst für den Alkohol entscheiden, um sich Genuss zu gönnen, oder dabei nach einem stressigen Tag zu entspannen. Es mag durchaus sein, dass der Griff zum Glas eine bewusste Entscheidung ist – doch dies gilt es, zu überprüfen.
Wer entscheidet? Du selber, oder das Verlangen, bedingt durch die Gewohnheit, oder die Sucht?
Ein Verlangen, welches wir uns über Jahre antrainiert haben und nicht reflektieren. Diese Verhaltensweise kann durch den Umgang mit Alkohol in unserer Gesellschaft lange unauffällig gelebt
werden. Es ist durchaus legitim sein wohl verdientes Feierabend-Bier zu trinken und auch den Sekt zu besonderen Anlässen während der Arbeitszeit, oder gar anzustoßen auf das neugeborene Baby. Im
Restaurant steht wie selbstverständlich das Weinglas am eingedeckten Tisch bereit und der Aperitif geht aufs Haus. Man muss schon fast ein schlechtes Gewissen haben, ein solches Angebot
abzulehnen. Zumindest muss man sich oft noch erklären.
Ich kann gut verstehen, dass es sich in seinem Umfeld, und in unserer Gesellschaft, in der erwiesenermaßen zu viel Alkohol konsumiert wird,
unheimlich frei anfühlt, seine Trinkgewohnheit auszuleben zu dürfen und wild und „rebellisch“ zu sein.
Doch bleibt die Frage ausdrucksstark, ob wir mit diesem Verhalten wirklich unser Wohlbefinden und unsere Fähigkeit zur Selbstbestimmung
fördern.
"Abhängigkeit beginnt dort, wo wir am falschen Ort nach dem Richtigen suchen."
Deepak Chopra: Wege aus der Sucht
Die ganzen Jahre hat etwas sehr Schweres und Klebriges auf mir gelegen, welches mir meine Beweglichkeit und Spontanität genommen hat. Aber da war immer auch dieses Gefühl, an welches ich geglaubt habe, jedoch nie nah genug heran gekommen bin. Ich habe die ganzen Jahre nach einem Gefühl der Freiheit gesucht. Seitdem ich nicht mehr trinke, habe ich aufgehört am falschen Ort zu suchen.
Diese Sehnsucht nach etwas nicht Greifbaren, die Suche nach meiner Wahrheit, nach dem Gefühl von ehrlichem Glück habe ich in der Nüchternheit gefunden.
Heute ist mir klar, dass ich es war, nach der ich gesucht habe. Ich hatte stets eine Brille auf, durch die ich die Dinge und die Menschen um mich herum in einer vernebelten Darstellung durch mein eigenes Minderwertigkeitsgefühls gesehen habe. Das Minderwertigkeitsgefühl, verursacht und verstärkt durch den Alkohol.
Ich bin so froh, dass ich endlich klar sehen kann. Frei sein kann von dem Gefühl ständig etwas darstellen zu müssen. Frei von all den Versteckspielen. Frei von Scham und Schulgefühlen. Frei von dieser Maske, die mich sogar vor mir selber verfremdet hat. Frei von dieser grauen Wolke, die mir den Blick trübte und auf meinen Schultern immer schwerer wurde. Frei von Rückenschmerzen, Magenproblemen, Schlafstörungen, Nasennebenhöhlenentzündungen, Fressgelüsten, von Pickeln, Nervosität und Gereiztheit. Frei davon, mich immer wieder aufs neue entscheiden zu müssen, ob ich heute etwas trinke, oder besser nicht.
Vor allem aber frei von dem Glauben, dass die Gründe für meine nicht erfüllte Sehnsucht überall zu suchen sind, nur nicht da, wo ich sie immer gesucht habe: In meinem so lange geglaubten trügerischen „besten Freund“ , dem Alkohol. Nüchtern zu sein bedeutet für mich rebellisch zu sein. Anders zu sein, als ich dachte sein zu müssen. Nüchtern habe ich mich von Glaubenssätzen befreien können, die mich daran gehindert haben frei zu sein.
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